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Mindestsicherung: Das Konto ist leer

christian resch</p><p>anton kaindl

Hunderte Salzburger erhalten derzeit keine Mindestsicherung. Denn das zugehörige Landeskonto ist leer. Das liegt "nur" an einem Verwaltungsfehler - ändert aber nichts an stetig wachsenden Kosten.

salzburg. War es echte Empörung oder nur gespielte? Ein bisschen Polit-Show dürfte schon dabei gewesen sein, als Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ) am Donnerstag zum "Eil-Medientermin" rief. Ihre Botschaft: Dem schwarz-grün regierten Land sei ein "GAU" der Sozialpolitik passiert, der gar zum "Super-GAU" zu werden drohe: Allein in der Stadt würden 200 Haushalte keine Mindestsicherung erhalten. Warum? Weil das Land - dessen Schuld betont werden müsse - das entsprechende Konto nicht mit genug Steuergeld befüllt habe. Und nun die Computer des Sozialamts statt Euros für die Bedürftigen nur eine Fehlermeldung ausspuckten. "Wenn das nicht behoben wird, bekommen die Menschen vor Weihnachten kein Geld. Denn die Überweisung dauert Tage", sagt Hagenauer.

War es echte Gelassenheit oder nur gespielte? Ein wenig Polit-Abwiegelei dürfte schon dabei gewesen sein, als Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne) sich am Donnerstag zu Hagenauers Vorwürfen zu äußern hatte.

"Völlig aufgeblasen" sei das Alarmgeschrei der SPÖ, "die Vizebürgermeisterin will sich nur profilieren. In Wirklichkeit ist das Problem schon so gut wie behoben", sagt Schellhorn. Jeder, dem sie zustehe, bekomme, die Mindestsicherung. Nur die "Barauszahlung der Soforthilfe", also eine Art Notfallvorschuss, könne gerade nicht ausbezahlt werden. Davon, so teilte Schellhorns Büro mit, seien wohl nur ein paar Dutzend Salzburger betroffen.

Rückfragen ergaben: Beide Politiker beharrten auf ihren Standpunkten. Was war also wirklich passiert zwischen Landesfinanzabteilung, Sozialabteilung und Bezirksbehörden?

Die SN bekamen von mehreren Bezirkshauptmannschaften folgende Auskunft: Der Großteil der Mindestsicherungsbezieher, rund 8500 gibt es im Land, habe sein Geld bereits in den ersten Dezembertagen erhalten. Etliche Hundert müssten jedoch jeden Monat oder alle paar Monate neu ansuchen. Und jene, die das taten und ihr Geld seit Montag hätten bekommen sollen, hätten es noch nicht bekommen.

Grund war tatsächlich, dass auf einem Konto der Sozialabteilung das Geld frühzeitig ausging. Und die Finanzabteilung erst 1,4 Mill. Euro nachschießen musste. Wobei deren Leiter, Herbert Prucher, die Verantwortung der Sozialabteilung zuweist. Jedenfalls sei ein eiliger Regierungsbeschluss für eine Geldspritze gefällt worden, nun sollten die Bedürftigen bald an ihr Geld kommen. Im Idealfall schon heute, Freitag, wie Schellhorn meint. Das hoffen auch die betroffenen Bezirkshauptleute - deren Beamte derzeit den "vollen Frust" von Betroffenen in Geldnöten abbekommen.

Hinter dem parteipolitischen Säbelrasseln steht ein reales Problem: Das besagte Mindestsicherungskonto ist nicht zufällig vor Jahresende leer, sondern weil die Gesamtkosten für die Mindestsicherung laufend steigen. 2015 sind es 520.000 Euro, für 2016 plant die Sozialabteilung bereits mit drei Mill. Euro zusätzlich. Hintergrund ist vor allem die Flüchtlingskrise, denn unter "Nicht-Flüchtlingen" sind die Zahlen leicht rückläufig.

So wurden im Jänner 2015 rund 18 Prozent der Mindestsicherung an Flüchtlingsfamilien ausbezahlt. Bis September war dieser Wert auf rund 25 Prozent angestiegen, und dürfte Ende 2016 bei rund einem Drittel liegen. Das liegt auch daran, dass Flüchtlingsfamilien in der Regel kinderreicher sind und zudem anfangs gar kein eigenes Einkommen haben. Das führt dazu, dass eine Flüchtlingsfamilie pro Monat durchschnittlich 934 Euro erhält, eine einheimische Familie 401 Euro. Insgesamt geht das Land für 2016 von 32,3 Mill. Euro Gesamtkosten in der Mindestsicherung aus.

Gleich stark betroffen sind die Gemeinden, welche die Hälfte der Kosten tragen müssen. Bürgermeister von Hallwang über Tamsweg bis in den Pinzgau klagen über "explodierende Sozialbudgets". Der Mittersiller Ortschef Wolfgang Viertler sagt etwa, das Sozialbudget sei von 2009 bis 2014 immer bei etwa 400.000 Euro gelegen. "Im Voranschlag für 2016 haben wir 550.000 Euro kalkuliert. Und ich fürchte, das wird nicht reichen." Der Grund ist für ihn klar. Immer mehr Flüchtlinge würden die Mindestsicherung bekommen. "Sie wandern von der Grundversorgung, die der Bund zahlt, oft direkt in die Mindestsicherung, die zu 50 Prozent die Gemeinden tragen müssen." Damit das nicht passiere, müssten die Asylberechtigten auf dem Arbeitsmarkt integriert werden.

Mindestsicherung: Das Konto ist leer (CHRISTIAN RESCH</P><P>ANTON KAINDL )